Wer ist „Roland Schnepel“?

 

Ich war vier Jahre als Landesprogramm-Lehrer (des Landes Nordrhein-Westfalen) in Rumänien tätig (von September 1999  bis Juli 2003).

Am Lyzeum „Diaconovici-Tietz“ (Resita) war ich unter anderem Klassenlehrer. Im September 1999 übernahm ich eine 5. Klasse, die ich dann bis zur 8. Klasse führte.

Die Klasse hat 10 Ausgaben einer Klassenzeitung herausgegeben. Das folgende Interview erschien in der Jubiläumsausgabe Nr.10.

 

Informationen über meine neue Schule werden auf meiner Hauptseite erscheinen:

 

www.RolandSchnepel.de

 

 

 

 

OFFENE FRAGEN – EHRLICHE ANTWORTEN

DIE KLASSE VII-B MÖCHTE MEHR VON IHREM KLASSENLEHRER WISSEN

 

Seit September 1999 ist Herr Schnepel schon unser Klassenlehrer. Wir haben in dieser Zeit zwar schon einiges über ihn erfahren, aber für unsere Jubiläumsausgabe konnte jeder Schüler der Klasse die Fragen  stellen, die er schon immer einmal beantwortet haben wollte. Durch die Antworten erfahren wir nicht nur einiges über unseren Klassenlehrer, sondern auch viele andere Sachen.

Mircea: Was hat Sie veranlasst, nach Rumänien zu kommen und hier zu unterrichten?

R.S.: Eigentlich hatte ich schon lange vorgehabt, noch einmal eine längere Zeit im Ausland zu verbringen.

Atila: Und wieso sind Sie gerade nach Resita gekommen?

R.S.: Nun, ich war Lehrer am Helmholtz-Gymnasium in Bielefeld. Die Stadt Bielefeld unterhält freundschaftliche Beziehungen mit Resita. So war ich auch in der Rumänienhilfe Bielefeld tätig. Am Helmholtz-Gymnasium hospitieren außerdem Lehrer des Lyzeums „Diaconovici-Tietz“. Dadurch habe ich auch meine Frau kennengelernt und die Frage war dann, ob ich nach Resita komme oder meine Frau nach Deutschland. Da für das  „Diaconovici-Tietz“ auch Stellen für deutsche Gastlehrer vorgesehen sind, habe ich mich darum beworben. Diese Sache hat geklappt, wie du siehst.

Elma: Mich interessiert, wie es in Ihrer Jugend war.

R.S.: In meiner  Jugend war Deutschland noch nicht so reich, wie es heute ist. In vielen Teilen sah es so ähnlich aus wie in Rumänien jetzt, wenn man von der modernen Technik absieht. Als normaler Junge oder Mädchen hatte man damals nicht so viele Sachen.  Viele Leute hatten noch kein Fernsehen. Als ich in eurem Alter war, wurde das Farbfernsehen eingeführt. Es gab damals nur drei Programme. An Computer für jederman dachte niemand. Video-Recorder gab es noch nicht. Einiges war trotzdem nicht so viel anders. Wir hatten auch Sammelbilder, die wir getauscht haben.  Und Musik gab es natürlich auch, auf Platten oder auf Kassetten. Ich denke nur, dass die Kinder damals mehr draußen in der Natur waren, im Wald und an Flüssen. In der Schule war es recht streng. Aber wir haben auch Spaß gehabt. Es gab Klassenfahrten, Wanderungen und viele andere schöne Sachen.

Sybille: Welches war denn Ihr Lieblingsfach in der Schule?

R.S.: Englisch war sicherlich eines meiner Lieblingsfächer. Meine Lehrer haben verstanden, es interessant zu unterrichten und das Interesse an der Sprache und Kultur zu wecken. Als ich etwas älter war als ihr jetzt seid, organisierte die Schule einen Austausch mit Dorchester, der Partnerstadt von Lübbecke. Lübbecke ist die Stadt, in der ich großgeworden bin. Lübbecke liegt im Norden von Nordrhein-Westfalen, nicht so weit von Bielefeld entfernt. Nach diesem Austausch habe ich fast jede Gelegenheit genutzt, England zu besuchen.

Latein hat mir auch gefallen. Das war bei den meisten Schülern anders. Aber es war immer eine Herausforderung, schwierige lateinische Texte zu übersetzen, besonders in der Oberstufe.

Emmerich: Was für ein Fach hat Ihnen in der Schule nicht gefallen?

R.S.: Wenn ich zurückblicke hat es kein Fach gegeben, das mir gar nicht gefallen hat.

Emmerich: Welche Fächer hatten Sie?

R.S.: Bei 13 Jahren Schule gibt es natürlich viele Fächer. Im wesentlichen sind es aber auch die Fächer, die ihr an der Schule habt. Ausgenommen sind Fächer, die rumänien-spezifisch sind, wie z.B. „Geschichte der Minderheiten“.

Alexandra Avram: Welches war ihre kleinste Note?

R.S.: In Deutschland geht die Zensurenskala von 1 – 6, wie du weißt. Eine „sechs“ habe ich nie gehabt. Eine „fünf“ ist schon mal hier und dort aufgetaucht. Es war schon ziemlich streng. Auch in Fächern wie Sport waren die Anforderungen recht hoch. Da mussten Schüler manchmal hart kämpfen, um zu bestehen.

Sybille: Was haben Sie studiert und wo?

Ich habe nach der Schule ein Lehramtsstudium begonnen und Englisch als Hauptfach studiert, mein zweites Fach war Geographie. Später habe ich noch einen Magistergrad in Deutsch erworben und noch später habe ich beruf-sbegleitend Evangelische Theologie für das Lehramt studiert.

Begonnen habe ich meine Studien an der Pädagogischen Hochschule Westfalen-Lippe. Vom  Deutschen Akademischen Austauschdienst bekam ich ein Stipendium für zwei Semester an der UNIVERSITY OF BRADFORD in England. Anschließend studierte ich an der Universität Bielefeld. Außerdem habe ich fünf Semester an der PENNSYLVANIA STATE UNIVERSITY studiert. Dort war ich auch als „instructor“ für Deutsch tätig.

Alexandru Lupulescu: Dann haben Sie ja schon in anderen Ländern der Welt unterrichtet. Wie hat es Ihnen gefallen?

R.S.: Ja, ich habe fast zwei Jahre in den U.S.A. unterrichtet, außerdem 1 Jahr in Nordirland. Ich habe sowohl an der amerikanischen Universität als auch an zwei Schulen in Nordirland sehr begeisterte und motivierte Schüler beziehungsweise Studenten gehabt. In Nordirland spezialisieren sich die Schüler auf bestimmte Fächer und sind dann sehr gut. Einige Schüler haben dann in der Oberstufe bis zu 8 Stunden eines Faches. Es waren wun-derschöne Zeiten in diesen Ländern.

Rares: Wo waren Sie denn noch im Ausland?

R.S.: Natürlich bin ich in fast allen Ländern gewesen, die Grenzen mit Deutschland haben. So war ich in Frankreich, Belgien, Luxemburg, den Niederlanden, Dänemark, Österreich, der Schweiz und der Tschechei (als es noch Teil der Tschechoslowakei war). Von Russland kenne ich noch St.Petersburg, in Ägypten habe ich mal eine Wüstentour gemacht, in Schweden bin ich Kanu gefahren, in Spanien gewandert. Hongkong habe ich gesehen, bevor es wieder chinesisch wurde.

Izabella: Wo war es am schönsten und wieso?

R.S.: Natürlich kann man fast überall etwas Schönes entdecken. Aber den Grand Canyon in den U.S.A. empfinde ich als eines der größten Naturwunder der Welt. Er ist einfach so groß, unbeschreiblich schön und man kann tagelang dort wandern und immer etwas Neues sehen. Die U.S.A. sind einfach so groß und es gibt dort so viel Natur. Aber auch Irland ist ein bezauberndes Land. Die Steilküsten dort sind wildromantisch-schön.

Leonisa: Was und wo haben Sie in Deutschland unterrichtet?

R.S.: Während ich im Ausland fast nur Deutsch unterrichtet habe, habe ich in Deutschland schwerpunktmäßig Englisch unterrichtet. Im Rahmen meiner Ausbildung habe ich zwei Jahre in Eslohe unterrichtet. Das liegt im Sauerland. Die acht Jahre, bevor ich nach Rumänien kam, war ich als Lehrer am Helmholtz-Gymasium in Bielefeld tätig.

Razvan: Wie ist denn die Schule in Deutschland? Ist sie einfacher oder schwieriger?

R.S.: Das lässt sich so einfach nicht sagen. In Deutschland gibt es ja unterschiedliche Schulformen. Die leistungsstärkeren Schüler gehen auf das Gymnasium, andere auf die

Realschule oder Hauptschule. Wer wirklich weiterkommen möchte, muss natürlich arbeiten. In Deutschland werden aber  unterschiedliche Unterrichtsmethoden eingesetzt. Dadurch kann auch schwieriger Unterrichtsstoff leichter vermittelt werden. Natürlich gibt es auch unterschiedliche Gymnasien und an manchen geht es etwas strenger zu und an manchen weniger streng.

Mircea: Welche Unterschiede gibt es denn zwischen unserer und einer deutschen Klasse?

R.S.: Ich denke, so groß sind die Unterschiede nicht. Die Welt wächst zusammen. POKEMON gibt es überall. Auch in Deutschland gibt es wilde Klassen, wie ihr es öfter seid. Es gibt ebenso gute und schlechte Klassen.

Luci: Wo unterrichten Sie denn lieber?

R.S.: Ich unterrichte dort am liebsten, wo die Schüler Interesse haben, etwas zu lernen.

Mario: Gefällt Ihnen unsere Klasse?

R.S.: Das ist eine gute Frage, die man etwas differenziert beantworten muss.

Elma: Wieso haben Sie sich denn  für unsere Klasse entschieden?

R.S.: Als ich vor etwa zweieinhalb Jahren nach Rumänien kam, hatte ich den Wunsch geäußert, möglichst in einer fünften Klasse als Klassenlehrer unterrichten zu können.  Denn in der 5. Klasse beginnt ja für die Schüler ein neuer Abschnitt im Leben. Und auf diesem Abschnitt wollte und will ich euch ein Stück begleiten. Das heißt ich habe mich zuerst nicht direkt für euch entschieden. Ich kannte euch ja gar nicht. Ich wusste ja eine Zeit gar nicht, dass ihr aus zwei Klassen zusammengesetzt worden wart. Für mich war  am Anfang alles neu und ich hatte viel zu lernen.

Elma: Was mögen Sie an unserer Klasse, speziell an uns?

R.S.: Ich mag die Kreativität, die einige Schüler besitzen. Auch finde ich es besonders gut, wie einige Schüler in Gruppen arbeiten gelernt haben. Dabei kommen manchmal wirklich gute Resultate heraus. Das habe ich in letzter Zeit wieder häufig gesehen, wenn z.B. ein Vortrag über eine deutsche Stadt theatermäßig umgesetzt wird und das in einer Art, dass trotzdem Informationen vermittelt werden. Auch denke ich, dass ihr trotz diverser Schwierigkeiten als eine Art Team zusammenhaltet, so dass auch der Titel der Klassenzeitung schon damals in der fünften Klasse richtig gewählt worden war.

Robert: Waren Sie auch in einer rumänischen Klasse? Gibt es Unterschiede?

R.S.: Ich unterrichte ja auch Deutsch als Fremdsprache. Dort habe ich aber keine Klassen, sondern nur Gruppen, z.B. in der 9. Klasse eine Gruppe aus den Klassen A, B und C. Einige von diesen Schülern können recht gut Deutsch. Ich komme mit den Schülern aus und habe keine besonderen Unterschiede festgestellt. Durch diese Schüler lerne ich jetzt auch ein wenig mehr Rumänisch. Da es so viele Menschen gibt, die Deutsch können, habe ich noch nicht so viel Rumänisch gelernt, wie ich eigentlich wollte.

Atila: Und wie verstehen Sie sich mit den rumänischen Leuten, die kein Deutsch können?

R.S.: Da kann ich natürlich keine tiefen Gespräche führen. Aber frag doch einfach mal  Herrn Ghiþǎ.

Edvin: Bis in welche Klasse werden Sie uns denn begleiten?

R.S.: Mein Vertrag läuft immer neu für jeweils ein Jahr. Die Anträge für mein viertes Jahr werden bearbeitet und dem dürfte nichts mehr im Wege stehen. Also werde ich auch in der achten Klasse bei euch sein. Und in der achten Klasse sehen wir dann weiter. Es ist ja immer noch nicht die Frage entgültig geklärt, ob ihr nach der achten oder der neuten Klasse die Kapazitätsprüfung macht.

Izabella: Was mögen Sie am liebsten an unserer Schule?

R.S.: Die Schüler.

Lavinia: Was würden Sie am rumänischen Schulsystem ändern?

R.S.: Was für eine gewaltige Frage! Formal würde ich die Sommerferien verkürzen und dafür ein oder zwei Wochen Herbstferien einbauen. Denn die Zeit vom Schuljahresbeginn bis Weihnachten war für viele Lehrer und Schüler recht anstrengend.

Inhaltlich sollten sich die Lehrpläne mehr an die Anforderungen der Gesellschaft anpassen. Mit anderen Worten: Was braucht man wirklich im Leben für Qualifikationen. Manche Lehrpläne und Lehrbücher, die ich gesehen habe, sind einfach nicht KINDGERECHT. Es wird zuviel auswendig gelernt. Die Anforderungen in Rumänien sind sehr hoch, aber zu häufig sieht man, dass sie nur in Ansätzen erfüllt werden. Auch im Bereich „Leistungsüberprüfung“ gibt es noch viel zu tun.  Wenn ich diese Punkte noch ausführen würde, könnte ich eine eigene Ausgabe des VII-B TEAM damit füllen.

Alexandra Avram: Was machen Sie denn in Ihrer Freizeit?

R.S.: Wenn es die Zeit und das Wetter erlaubt wandere und reise ich gerne. Ich würde gerne noch mehr von Rumänien kennenlernen. Ich war ja beispielsweise noch nicht am Schwarzen Meer. Ansonsten beschäftige ich mich mit dem Computer, surfe im Netz, schaue fern und lese.


Gabi: Wie fühlen Sie sich hier?

R.S.: Einiges ist schon anders. Vieles ist recht umständlich. In vielen Institutionen wird sehr langsam gearbeitet und man muss häufig unnötigerweise warten. Manchmal fühle ich mich dann genervt. Aber wenn es möglich ist, dann weise ich die Leute darauf hin. Und ich habe gesehen, dass es manchmal auch klappt, manchmal eben nicht.

Razvan: Was gefällt Ihnen an Rumänien?

R.S.: Die Natur. Leider habe ich noch nicht so viel gesehen, wie ich möchte. Vielleicht fahre ich etwas in den nächsten Ferien herum. Für einen Heimaturlaub sind sie ja zu kurz.

Razvan: Was gefällt Ihnen nicht an Rumänien?

R.S.: Einiges habe ich ja schon erwähnt. Wenn ich ehrlich bin gibt es noch einiges mehr. Schlimm finde ich die Verschmutzung der Wälder und der Flüsse. Ich sehe, wie Menschen ihren Dreck in den Fluss kippen, obwohl wenige Meter entfernt eine leere Müllhalde steht. Das ist sehr schwer zu verstehen. Ein anderer Punkt ist der, dass in vielen Bereichen nicht wirklich zusammengearbeitet wird, weil Menschen Angst haben, Informationen weiterzugeben. Oder weil sie meinen, dadurch in einer mächtigeren Position zu sein. Auch im Schulbereich gibt es genügend solcher Fälle. Dadurch wird eine positive Entwicklung Rumäniens stark gehemmt.

Razvan: Haben Sie manchmal Heimweh?

R.S.: Am meisten vermisse ich einige gute Freunde und nahe Verwandte. Einige haben mich zwar auch hier besucht. Die Freunde, die ich schon lange kenne, sind mir einfach wichtig. Denn mit diesen kann ich mich doch am besten austauschen. Und so läuft der Kontakt zwischen den Heimfahrten per Brief oder häufiger per e-mail.

Edvin: Welche Sportarten mögen Sie und warum?

R.S.: Ich habe lange Zeit Judo betrieben. Das ist ein fairer Kampfsport, der auch eine philosophische Grundlage hat. Auch gehören dazu Eigenschaften wie Respekt vor dem Partner/Gegner. Man sieht es ja auch daran, dass sich die Judosportler vor dem Kampf verbeugen. Deshalb unterscheidet sich Judo stark von anderen Kampfsportarten.

Am Helmholtz-Gymnasium habe ich mehrere Mannschaften betreut, die auch Wettkämpfe gewonnen haben.

Alexandra Avram: Welches war ihr größter Traum als Junge? Und jetzt?

R.S.:  Ich denke, ich wollte früher mal zum Mars, oder einfach durch den Weltraum fliegen. Das wäre wohl auch heute noch ein Traum. Realistischerweise träume ich davon, noch mehr von der Welt zu sehen. Und dann träume ich noch davon, wie schön es wäre, wenn manche Leute auch ohne Intrigen leben könnten. Jedenfalls hoffe ich, dass ihr in der Klasse lernt, miteinander auszukommen und Probleme auf offene Art und Weise zu lösen.

Claudiu: Waren Sie schon einmal in der Oper? Wenn ja, wie war es?

R.S.: Ja, ich war schon einmal in der Oper. Aber das ist schon lange her. Da es schon lange her ist, merkst du, das ich nicht so häufig in die Oper gehe. 

Adrian: Weswegen bleiben Sie nicht für immer hier?

R.S.: Irgendwann muss man einfach Abschied nehmen. Auch dieses Interview hat ja mal ein Ende, obwohl es ziemlich lang geworden ist. Nun mal ernst:  Deutschland ist meine Heimat, ich habe Freunde und Verwandte dort. Außerdem bin ich deutscher Beamter und müsste diese Stellung aufgeben, wenn ich hierbliebe. Wenn ich nach Deutschland zurückkehre, kann ich gleich als Lehrer weiterarbeiten. Hier in Rumänien verdient man ja als Lehrer nicht so viel. Die Zukunftsaussichten sind nicht so gut. Deshalb kann mein Aufenthalt hier nur zeitlich befristet sein.

 

 

An dem Interview beteiligt waren (fast) alle Schülerinnen und Schüler der Klasse VII-B.

 

 

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